Auf stillgelegten Bahntrassen wurden in den letzten Jahrzehnten oftmals Geh- und Radwege angelegt und teilweise auch als solche straßenrechtlich gewidmet. Werden dabei ehemalige Eisenbahnkreuzungsbauwerke weiter genutzt, stellt sich die Frage, wer die Unterhaltungslast für diese Kreuzungsbauwerke zu tragen hat und ob § 14a EKrG die straßenrechtliche Unterhaltungslast verdrängt. Dies verneint das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 18.02.2025 – 1 A 10527/23.OVG und kommt zu dem Ergebnis, dass auch bei einem ehemaligen Eisenbahnkreuzungsbauwerk die straßenrechtliche Widmung des Geh- und Radweges zu einer straßenrechtliche Unterhaltungslast führt.
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die straßenrechtlichen Unterhaltungslast des Beklagten für ein ehemaliges Eisenbahnkreuzungsbauwerk. Die Klägerin ist Eigentümerin diverser Grundstücke, welche Teil einer ehemaligen Eisenbahnstrecke sind. Die Eisenbahnstrecke wurde mit Bescheid vom 04.09.2013 vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) gemäß § 23 AEG von Bahnbetriebszwecken freigestellt. Die oben genannten Grundstücke der Klägerin sowie das streitgegenständliche Kreuzungsbauwerk sind von dieser Freistellung mitumfasst.
Bereits in den 1990er Jahren legte die Klägerin auf diesen Grundstücken einen Geh- und Radweg an. Dieser umfasst auch ein ehemaliges Eisenbahnkreuzungsbauwerk mit einer darunterliegenden Landesstraße, die im Eigentum des Beklagten steht. Den in ihrem Stadtgebiet verlaufenden Teil des Radweges unter Einschluss des streitgegenständlichen Kreuzungsbauwerks widmete die Klägerin mit Verfügung vom 10.04.2019 als selbstständigen Geh- und Radweg. Diese Widmung wurde am 18.04.2019 öffentlich bekanntgemacht.
Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Feststellungsklage mit der Begründung abgewiesen, die Unterhaltungslast des ehemaligen Betreibers der Eisenbahnstrecke (Beigeladene) gemäß § 14a Abs. 1 Satz 1 EKrG bestehe fort. Sie werde durch eine zu Lasten des Beklagten bestehende Straßenbaulast nach Maßgabe des § 20 Abs. 2 LStrG nicht verdrängt oder ergänzt. Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin.
Entscheidung
Mit Erfolg! Die Klägerin hat einen Anspruch auf die von ihr begehrte Feststellung der Unterhaltungslast des Beklagten für das Kreuzungsbauwerk. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 LStrG hat bei Über- und Unterführungen der Träger der Straßenbaulast der Straße der höheren Straßengruppe das Kreuzungsbauwerk zu unterhalten. Nach Maßgabe dieser Vorschrift ist mithin das Land als Träger der Straßenbaulast für die Landstraße für das Kreuzungsbauwerk unterhaltungspflichtig.
Dass mit dem streitgegenständlichen Kreuzungsbauwerk die ehemalige Eisenbahnstrecke über die Landstraße geführt wurde und damit ein Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des § 14a EKrG vorhanden ist, vermag an der straßenrechtlichen Unterhaltungslast des Beklagten für das Kreuzungsbauwerk nichts zu ändern. Wenn § 14a EKrG vorliegend eine Unterhaltungslast des Beigeladenen begründen sollte, tritt diese jedenfalls (nur) neben die Unterhaltungslast nach § 20 Abs. 2 Satz 1 LStrG.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 LStrG verpflichtet den Träger der Straßenbaulast der Straße der höheren Straßengruppe zur Unterhaltung des Kreuzungsbauwerks. Er hat dieses nach seiner Leistungsfähigkeit in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis der sich kreuzenden Verkehrswege genügenden Zustand zu halten (§ 11 LStrG). Demgegenüber regelt § 14a Abs. 1 EKrG die Pflichten des Baulastträgers bei Einziehung der Straße oder – hier – dauernder Einstellung des Eisenbahnbetriebs; sie betreffen die Gewährleistung der Sicherheit und die Abwicklung des Verkehrs allein auf dem bleibenden Verkehrsweg. Der Umfang der Unterhaltungslast ist entsprechend beschränkt und erfasst insbesondere keine grundlegenden Substanzerhaltungsmaßnahmen. Die verkehrlichen Bedürfnisse des überquerenden Verkehrswegs werden nicht in den Blick genommen, er profitiert allenfalls reflexhaft. Daraus folgt, dass § 14a Abs. 1 EKrG der Bestimmung in § 20 Abs. 2 Satz 1 LStrG weder als „lex specialis“ vorgeht noch nach § 31 GG, wonach Bundesrecht Landesrecht bricht, Geltungsvorrang hat.
Praxishinweis
Die Widmung einer ehemaligen Eisenbahnstrecke als Geh- und Radweg begründet bei ehemaligen Eisenbahnkreuzungsbauwerken die straßenrechtlichen Unterhaltungslast. Diese wird nicht durch § 14a EKrG verdrängt. Da die straßenrechtlichen Unterhaltungslast deutlich über die Unterhaltungslast nach § 14a EKrG, die nur auf Liquidation des Kreuzungsverhältnisses gerichtet ist und den verbleibenden Kreuzungsbeteiligten bzw. Verkehrsweg sichern soll, hinausgeht, hat die Entscheidung für alle Städte und Gemeinden, die ehemalige Eisenbahnkreuzungsbauwerke im Rahmen von Geh- und Radwegen nutzen, erhebliche Bedeutung.